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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783446203556
Sprache: Deutsch
Umfang: 720 S., 3 s/w Zeichng., 3 Illustr.
Format (T/L/B): 4.5 x 22 x 14.8 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Eine winzige Insel im Ozean als Brennpunkt der Sehnsucht von vier Menschen: drei Männer und eine Frau, deren Leben und Liebesgeschichten bestimmt werden von dem entlegensten Ort der Welt. Noomi Morholt, südafrikanische Wissenschaftlerin, Edwin Heron Dodgson, Priester und Bruder des berühmten Lewis Carroll; Christian Reval, Kartograph, und Mark Thompson, Briefmarkensammler: ein großer, vieldimensionaler Roman, eine zeitlose Geschichte unstillbarer Passionen und Obsessionen. Der Roman der Sehnsucht.

Autorenportrait

Raoul Schrott, geboren 1964, erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den Peter-Huchel- und den Joseph-Breitbach-Preis. Bei Hanser erschienen zuletzt u.a. Homers Heimat (2008) und seine Übertragung der Ilias (2008), Gehirn und Gedicht (2011, gemeinsam mit dem Hirnforscher Arthur Jacobs), die Erzählung Das schweigende Kind (2012), die Übersetzung von Hesiods Theogonie (2014), der Gedichtband Die Kunst an nichts zu glauben (2015) sowie Erste Erde (Epos, 2016), Politiken & Ideen (Essays, 2018) und Eine Geschichte des Windes oder Von dem deutschen Kanonier der erstmals die Welt umrundete und dann ein zweites und ein drittes Mal (Roman, 2019). Raoul Schrott arbeitet zurzeit im Auftrag der Stiftung Kunst und Natur an einem umfangreichen Atlas der Sternenhimmel. 2023 wird er die Ernst-Jandl-Dozentur der Universität Wien innehaben.

Leseprobe

E-BASE: vier Wohneinheiten auf einem Stahlgerüst, durch einen schmalen Plankengang verbunden, Funkraum, Küche, Schlafraum, die Hütte für die Duschen und den Generator. Die Emergency-Base, die hauptsächlich zur Ein- und Ausschiffung dient, wurde 1985 errichtet, nachdem der alte Unterschlupf vom Schnee zu tief unter die Oberfläche gedrückt worden war (und jetzt hundert Fuß unter ihr liegt, verformt und zerpreßt vom Gewicht des Eises; es schneit etwa drei Fuß pro Jahr). Das Klo besteht aus einem Brett mit einem Loch in der Mitte, unter dem ein Plastiksack hängt; er wird verknotet und draußen in eine Tonne geworfen, wo die Scheiße binnen Minuten gefriert. Ekel stellt sich so lange nicht ein, wie etwas notwendig erscheint; was mich anwidert, ist nur das verpisste Brett.Das Eis knirscht trocken, als ginge man über Zuckerkristalle. Eine scheinbar unermeßliche Weite; man selbst wie eine Ameise auf einem Tischtuch. Die Begegnung mit der auf unserem Schiff zurückkehrenden Mannschaft ist kurz und merkwürdig gespannt, als würden wir in ein Territorium eindringen, das sie uns nicht überlassen wollen, trotz all den Monaten der Dunkelheit, die sie hinter sich haben. Einer von ihnen spricht es offen aus; ich habe irgendwie Angst zurückzukehren, meint er, als wüßte ich nach der Zeit hier mit meinem Leben nichts mehr anzufangen. Die anderen sehen ihn an und sagen nichts. Nachdem wir eine detaillierte Liste von Anweisungen durchgegangen sind, bringt sie der Hubschrauber auf die R.S.A., die eine halbe Stunde später schon wieder Kurs nach Simonstown nimmt. Wir bleiben: vier Wissenschaftler, Fanus, der Anführer der Expedition, Conrad, der sich um die Magnetosphäre kümmert, Frank, der mit den Amerikanern beim AMANDA-Projekt zusammenarbeitet, ich; und die fünf Techniker, die sich um den Betrieb der Station kümmern, Karel um die Kommunikation, Mike um die Elektrik, Ryan um alles Mechanische, James und Andre als Dieselmechaniker; und Edward, unser Doktor. Zwei Schwarze, acht Weiße; neun Männer und eine Frau. Auf dem Schiff sind wir uns nicht aus dem Weg gegangen, haben aber jeden näheren Kontakt vermieden, im Bewußtsein, daß wir die nächsten zwölf Monate nur uns und unsere Geschichten haben werden. Bis nächste Woche werden wir damit beschäftigt sein, die Kisten und Container auf die Raupen zu verladen, mit der sie der Reihe nach in unsere Station weiter südlich transportiert werden. Fortwährend Wind; selbst wenn er lau ist, kühlt er alles um zwanzig weitere Grade herab. Alles ist ungewohnt, dadurch kaum beschwerlich; daß ich mir am Handrücken eine Erfrierung zugezogen habe, merkte ich erst, als es bereits zu spät war. Er pocht und brennt; eine Brandblase. Das Kliff der Bukta arbeitet; Klüfte brechen auf, Schnee löst sich von der Stirnwand und rauscht ins Meer. Unten an der Wasserlinie grummelt das Treibeis, zertrümmerte Brocken klickern in den Wellen, und Schollen schieben sich krachend übereinander; manchmal ein vibrierendes Dröhnen wie das eines Gongs, eines Kanonenschusses, oder wie von den Böllern der Feiertagsprozession in unserem Dorf, als ich acht Jahre alt war. Der Streifen offene See so grell, daß man den Horizont nur mit zusammengekniffenen Augen erkennt. Hinter mir im Süden aber kommt über den Gletscher ein anfangs noch leises Pfeifen, das stärker wird, oszillierend höher, die Obertöne des Eises im Wind. Weiter westlich läuft die Bukta nach zwei Meilen aus, ohne daß es einen einzigen Felsen oder so etwas wie eine Landzunge gibt. Ein penetranter Schwefelgeruch liegt in der Luft; am Meer sieht man den Brutplatz der Kaiserpin Leseprobe

Hörprobe

Hörprobe 1:

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